Für den Erhalt von Biodiversität fehlt es in der Landwirtschaft an breiter Umsetzung geeigneter Maßnahmen. Deren Akzeptanz ließe sich unter Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Effizienz erhöhen. Ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaft und Praxis entwickelt Ansätze dafür mit Landwirt*innen gemeinsam. Unser Anliegen als Praxispartner ist die Übertragbarkeit ökologisch-ökonomisch effizienter Maßnahmen in Biosphärenreservaten und Naturparken.
Ökologie und Ökonomie zusammendenken
Im Forschungsprojekt ECO²SCAPE entwickeln und erproben Forschende aus Sachsen und Brandenburg gemeinsam mit interessierten Landwirt*innen und lokalen Akteuren der sächsischen Mulde-Region praxistaugliche biodiversitätsfördernde Maßnahmen. Ziel ist die Entwicklung passgenauer Maßnahmen und Instrumente, die sowohl ökologisch – für den Erhalt der biologischen Vielfalt – als auch ökonomisch – für den Landwirtschaftsbetrieb – funktionieren. In unserem Jahresbericht 2021 haben wir diesen Ansatz zum Projektstart genauer vorgestellt.
Praxis-Perspektiven
Nationale Naturlandschaften e. V. ist Praxispartner des Forschungskonsortiums. Unsere Aufgabe ist die Prüfung der Übertragbarkeit der Projektergebnisse und ihre Kommunikation und Verbreitung über die Projektregion hinaus. Hierfür bringen insbesondere die Biosphärenreservate (BR) Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, Schaalsee und Schorfheide-Chorin ihre Fachexpertise ein.
Landwirtschaftliche Erfahrungen in Biosphärenreservaten
So bietet das Projekt auch die Möglichkeit für unmittelbaren Erfahrungsaustausch von Landwirt*innen – „Peer to Peer“ – in den drei Biosphärenreservaten. Die erste Exkursion führte in die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Dort arbeitet die BR-Verwaltung schon seit langem mit verschiedenen landbewirtschaftenden und verarbeitenden Betrieben zusammen, um innovative Maßnahmen zum Schutz von Biodiversität umzusetzen. Die zuständige Mitarbeiterin der BR-Verwaltung gab gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern Einblicke in Projekte zum Erhalt von gefährdeten Tierrassen, alten Getreidesorten und Ackerwildkräutern. Ein genossenschaftlicher Milchviehbetrieb mit angeschlossener Biogasanlage stand ebenso auf dem Programm wie ein kleiner Familienbetrieb, der das Fleisch der eigenen Galloway-Rinder direktvermarktet. Die Familie ist in der ländlichen Region so gut vernetzt, dass ihr Hofladen mit einer Vielzahl nachhaltig erzeugter regionaler Produkte aufwarten kann. Die ganzjährig extensive Beweidung durch die Galloways oder auch andere robuste Rinderrassen stieß auf reges Interesse, zumal die schonende Beweidungsform auch der Artenvielfalt nützt. Weiterhin wurde der Nutzen des Anbaus alter Ackerfrucht-Sorten und ihrer nahen Verarbeitung beleuchtet. Biodiversitätsfördernde Wertschöpfungsketten regional aufzubauen, ist oft mühsam, aber es lohnt sich, so das Fazit aus dem Biosphärenreservat. Beim Besuch einer Landbäckerei wurde z. B. deutlich, dass alte Getreidesorten wie der Champagnerroggen sowohl beim Anbau als auch beim Backen besondere Vorteile haben und zu nachgefragten Produkten avancieren können.
Wie geht es 2023 weiter?
Die zweite „Peer-to-Peer-Veranstaltung“ wird im Jahr 2023 in das Biosphärenreservat Schaalsee führen. Zudem werden wir mit den Vorarbeiten für ein Bildungsprodukt, das eng mit dem Projektthema verbunden ist, starten. Angedacht sind Bildungsmodule für den Einsatz im schulischen und außerschulischen Bereich, durch die es gelingt, die junge Generation auf die biologische Vielfalt in der Kulturlandschaft und die Notwendigkeit ihres Schutzes aufmerksam zu machen.