Viele verschiedene Schmetterlingsarten tummeln sich auf Streuobstwiesen. Auch seltene oder sogar gefährdete Arten gehören dazu. Die Falter benötigen für ihr Überleben ganz bestimmte Lebensbedingungen. Daher eignen sie sich als sogenannte „Bioindikatoren“, an denen sich der Zustand des jeweiligen Biotops ablesen lässt. Vom Ei über Puppe bis zum fertigen Tagfalter – in jeder Entwicklungsstufe benötigen die Schmetterlinge bestimmte Lebensbedingungen. Viele Arten sind an bestimmte Futterpflanzen gebunden, die nur auf schonend bewirtschafteten Wiesen vorkommen. Natürliche Streuobstwiesen besitzen eine Vielfalt an Strukturen mit vielen verschiedenen heimischen Wildkräutern, von denen sich die Tagfalter und ihre Raupen ernähren oder die sie als Eiablageort nutzen. Die extensive Bewirtschaftung der Streuobstwiesen erhält den Lebensraum für die Tagfalter, von denen auch andere Tierarten profitieren. Für Vögel stellen Schmetterlinge eine willkommene Nahrungsquelle dar.

Eine bemerkenswerte Anzahl an Schmetterlingsarten lebt auf und im angrenzenden Umfeld der Streuobstwiese „Herrengarten“. Unsere Bewirtschafter*innen haben einige seltene und gefährdete Schmetterlingsarten entdeckt, darunter den Großen Schillerfalter (Apatura iris), eine sehr seltene Tagfalterart. Als typischer Waldschmetterling bewohnt er Laubmischwälder und absonnige Waldränder, wie sie sich in der Nähe der Projektfläche befinden. Besonders die blau schillernden Männchen suchen in den Vormittagsstunden Waldwege auf und saugen an feuchter Erde und Kot. Zwischen Mitte Juni bis Mitte August kann man die Tagfalter beobachten. Die Raupen des Großen Schillerfalters leben auf Sal-Weide und manchmal auch an Ohr-Weiden. Diese Weichhölzer dürfen bei Entbuschungsmaßnahmen am Rande der Streuobstwiese nicht komplett beseitigt werden, um dem Falter seine Kinderstube nicht zu nehmen.

Großer Schillerfalter (Apatura iris), Männchen / © Matthias Hellner 2012
Großer Schillerfalter (Apatura iris), Weibchen / © Matthias Hellner 2012

 

 

 

 

 

 

Der Große Fuchs tritt selten in Erscheinung. Der Tagfalter lässt sich am ehesten im Frühjahr nach der Überwinterung beobachten. Auch der Große Fuchs legt seine Eier auf die Rinde von Sal-weiden an sonnigen Waldrändern ab. Nachdem die Raupen geschlüpft sind, leben sie gesellig auf ihrer Futterpflanze beisammen und ernähren sich von den Blättern. Sie fressen aber auch gern mal an den Blättern von Apfel- und Birnbäumen. Der Schmetterling ernährt sich bevorzugt von Baumsäften. Mit Vorliebe sucht der erwachsene Falter blutende Birken auf. Oft sieht man ihn zusammen mit Trauermantel, Kleiner Fuchs und C-Falter auf den Stämmen sitzen. Mittlerweile ist er auf der Roten Liste Thüringens als stark gefährdet eingestuft, da er durch Intensivierung der Landwirtschaft kaum noch geeignete Lebensräume findet. Ebenso setzt ihm der Einsatz von Pestiziden auf Obstplantagen zu. Nachhaltig bewirtschaftete Streuobstwiesen sind für den schönen Schmetterling daher eine beliebte Ausweichmöglichkeit. Wir helfen auch diesem Falter, indem nicht alle Weiden und Birken bei Entbuschungen entfernt werden.

Großer Fuchs (Nymphalis polychlorus) / © Matthias Hellner 2012

Der Wachtelweizen-Scheckenfalter (Meltaea athalia), ein Schmetterling aus der Familie der Edelfalter, braucht magere und blütenreiche Wiesen, auf denen die Raupenfutterpflanzen Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata) und Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense) gedeihen. Sein Speiseplan ist groß. Er ernährt sich von einer Vielzahl typischer Magerwiesenpflanzen, die auch auf unserer Projektfläche im Biosphärenreservat Thüringer Wald wachsen. Dazu gehören die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), die Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa), die Arnika (Arnica montana), der Gewöhnliche Teufelsabbiss (Succisa pratensis) und der Wiesen-Knöterich (Polygonum bistorta).

Wachtelweizen-Scheckenfalter (Melitaea athalia) / © Matthias Hellner 2012

Auch das Rotbraune Wiesenvögelchen entdeckten die Gutachter*innen auf der Streuobstwiese „Herrengarten“. Leider wurde es nur in sehr geringer Zahl gesichtet. Wichtig für die Existenz dieses kleinen Falters ist der Erhalt der mageren und blütenreichen Wiesen. Als Nektarquelle bevorzugt der Falter violett blühende Pflanzen, wie den Feld-Thymian (Thymus pulegioides) und die Große Braunelle (Prunellu grandiflora). Am allerliebsten saugt er aber am Dost (Origanum vulgare). Seine Eier legt der Schmetterling an verschieden Gräser ab, die den Raupen auch als Futterpflanze dienen. Davon blühen auf der Projektfläche einige, unter anderem die Aufrechte Trespe (Bromus erectus), die Weiche Trespe (Bromus hordeaceus), der Gewöhnliche Rot-Schwingel (Festuca rubra) und das Wiesen-Lieschgras (Phleum pratense). In Thüringen ist das Rotbraune Wiesenvögelchen in der Roten Liste als gefährdet eingestuft. Zwischen den Baumreihen mähen wir die Wiese nicht, so dass das hohe Gras mit seinen blühenden Wildkräutern stehenbleibt und den Faltern das ganze Jahr über Nahrung bietet.

Rotbraunes Wiesenvögelchen (Coenonympha glycerion) / © Matthias Hellner 2012

Titelbild: Dukatenfalter / © Stephanie Schuert / Nationale Naturlandschaften e. V.