Mittlerweile haben sich durch die Pflege der Streuobstwiese die Lebensbedingungen des Standorts schon so sehr verbessert, dass sich immer mehr seltene und bedrohte Pflanzenarten ansiedeln. Die Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis), auch Herbst-Wendelorchis genannt, ist eine besonders seltene heimische Orchideenart. Ihr Bestand ist stark gefährdet. Wo sie wächst, findet man meist auch noch andere selten gewordene Pflanzen und Tiere.

Bis zu 30 Zentimeter kann die Herbst-Drehwurz hoch werden, meist erreicht sie nur 10 bis 15 Zentimeter Wuchshöhe. Der ährige Blütenstand besteht aus bis zu 30 einzelnen weißen Blüten. Der vanilleähnliche Duft, den die weißen Blüten verströmen, zieht bevorzugt Hummeln und Bienen an.

Charakteristisch für diese Orchideenart sind die spiralförmig angeordneten Blüten und der gedrehte Blütenstängel. Auf diese Besonderheit weist auch der wissenschaftliche Name Spiranthes spiralis hin. Andere Namen sind Schraubenstendel, Drehähre oder Herbst-Wendelähre.

Die Herbst-Drehwurz wächst auf Magerrasen, Trocken- und Halbtrockenrasen sowie auf Heideflächen. Gern gesellt sich die Pflanze zur Besenheide (Calluna vulgaris). Konkurrenz durch andere Gräser kann die Herbst-Drehwurz nicht vertragen und gedeiht nur, wenn die umgebende Vegetation niedrig gehalten wird. Auf der Projektfläche in Großenbrach haben wir sie vor einigen Jahren im nördlichen Bereich der Heidefläche gesichtet. Manche der heimischen Orchideenarten setzen bei ungünstigen Bedingungen einige Jahre mit der Blüte aus und überdauern die Zeit in ihren Wurzeln im Boden. Die letzten Jahre waren der Orchidee wohl zu heiß, so dass sie sich nicht zeigte.  Auch großer Frost im Frühjahr kann dazu führen, dass sie nicht blüht. Da sich der Pflegezustand der Wiese verbessert hat, haben wir Hoffnung, dass sie bald wieder auf der Streuobstwiese blüht.

Als Kulturfolger tritt die Orchideenart bevorzugt dort auf, wo Schafe weiden. Sie halten den Unterwuchs kurz und verhindern, dass die Herbst-Drehwurz von anderen Wiesenpflanzen überwuchert wird, die ihr das Licht wegnehmen. Auf unserer Projektfläche weidet regelmäßig eine Schafherde. Auf den richtigen Zeitpunkt des Weidegangs muss geachtet werden. Zwischen Juli und August bilden sich die Blütenstände aus. Erst spät, zwischen Ende August und Anfang Oktober, ist die volle Blüte erreicht. Zur Blütezeit sollten die Schafe gar nicht oder nur kurz auf der Projektfläche weiden, da sie sonst alle Blütentriebe abfressen oder zertrampeln. Die Schafe tragen aber auch zur Verbreitung der Pflanze bei, indem sie die Orchidee mit samt ihren Fruchtansätzen fressen und die Samen unverdaut an anderer Stelle auf der Wiese wieder ausscheiden. In diesem Jahr führte der Schäfer seine Tiere schon früh auf die Streuobstwiese. Ende April weideten sie das erste Mal auf der Projektfläche. Anfang Juni mussten die Schafe noch einmal auf die Wiese getrieben werden, da die Pflanzen durch den häufigen Niederschlag schnell wieder emporgewachsen waren.

Wie alle etwa 90 heimischen Orchideenarten reagiert auch die Herbst-Drehwurz sehr empfindlich auf Veränderungen ihres Lebensraums. Mit Zunahme der intensiven Landwirtschaft und dem Rückgang der Schafhaltung ist die Herbst-Drehwurz immer seltener anzutreffen und in einigen Teilen Deutschlands vom Aussterben bedroht. Um die stark gefährdete Art zu erhalten, ist der Schutz geeigneter Flächen und die Erhaltung der Weidekultur erforderlich. Es gilt die wenigen Standorte, auf denen die kleinwüchsige Orchideenart noch zu finden ist, zu erhalten. Auf der Streuobstwiese in Großenbrach kann sich die Herbst-Drehwurz ungestört ausbreiten.

Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis) © Walter Hartmann
Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis) © Walter Hartmann

 

 

 

 

 

 

 

 

Titelbild: Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis) © Walter Hartmann

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