Weit, platt und sehr lebendig. Zwischen Land und Meer gelegen, umweht von einer steifen Brise, geprägt von Ebbe und Flut. Das Wattenmeer in Niedersachsens wildem Westen, der Nationalpark Wattenmeer Niedersachsen, ist Weltnaturerbe und Lebensraum für Millionen Watt- und Wasservögel.
Aus der Distanz betrachtet, könnte man meinen, die Natur habe an dieser Stelle so etwas wie Minimal Art betrieben – mit geraden Linien in der Horizontalen, monochromen Flächen, die endlos scheinen, einer simplen Raumaufteilung und einem überschaubaren Spektrum an Farben. Doch die Landschaft des UNESCO-Weltnaturerbes ist überaus dynamisch und artenreich. Hier bleibt nichts, wie es ist. Das Wattenmeer verändert ständig sein Gesicht.
Dafür sorgen die Gezeiten. Material, das an einer Stelle weggeschwemmt wird (Erosion), wird an anderer Stelle wieder abgelagert (Sedimentation). Die Flut spult zweimal täglich Rohstoffe und Nahrung ins Watt. Nährstoffreiche Sedimente lagern sich am Boden des Wattenmeeres ab. Diese organische Substanz bildet, zusammen mit den Kleinstlebewesen des Planktons, einen fruchtbaren Nährboden für Kleintiere. Auf einem Quadratmeter Wattboden leben Millionen von Kieselalgen, Hunderttausende kleinster Krebse, Muscheln, Schnecken und Würmer, die wiederum Nahrungsgrundlage für eine Vielzahl von Fischen, Vogeln und Saugetieren sind. Auf einer Fläche von 100 mal 100 Meter enthalt dieser Mikrokosmos im Schlick eine Biomasse von drei bis zwölf Tonnen Nassgewicht – mehr als im tropischen Regenwald! Der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer erstreckt sich von der niederländischen Grenze in der Emsmündung (Dollart, Borkum) bis zur Elbe im Westen (Cuxhaven) an der Grenze zu Schleswig-Holstein.
Drei Landschaftstypen prägen das niedersächsische Wattenmeer: Da sind zum einen die Ostfriesischen Inseln mit ihren hohen Dunen und natürlichen Salzwiesen im Osten, die fast vollständig zum Nationalpark gehören. Zwischen Eilanden und Festland breiten sich die Wattengebiete mit den ausgedehnten Sand-, Misch- und Schlickwatten aus, die im Elbe-Weser-Gebiet eine Ausdehnung von bis zu 20 Kilometer erreichen.
Unmittelbar den Deichen der Festlandküste vorgelagert finden sich vielerorts Salzwiesen. Mit dem Jadebusen, der Leybucht und dem Anteil am Dollart besitzt das niedersächsische Schutzgebiet große Wattenmeerbuchten, die durch mittelalterliche Meereseinbruche entstanden sind. Hier ist die charakteristische Abfolge von Sand-, Misch- und Schlickwatt, Verlandungsgürtel, breiten Salzwiesen und Deichen besonders ausgeprägt.
Dieser Teil des Weltnaturerbegebietes Wattenmeer bietet viele Möglichkeiten, die Lebensraume und natürlichen Kreislaufe direkt und hautnah zu erfahren. Die Einmaligkeit der Landschaft erschließt sich dem Besucher am besten im Sommer bei einer der zahlreichen geführten Wattwanderungen in Küstennähe oder zu einer der Düneninseln, die das Wattenmeer zur Nordsee hin begrenzen. So gibt es etwa auf den völlig sich selbst uberlassenen Ostenden der Inseln Norderney und Spiekeroog noch die sogenannten „Wash-over“-Bereiche, in denen bei Sturmfluten das Meer einmal quer über die Insel, durch die Dunen und Salzwiesen ins Watt fließt.
Die Dynamik der Dünen mit ihrem gesamten Formenschatz aus den unterschiedlichen Dünenstadien, den Dünentalern und Dünenkuppen lasst sich besonders gut auf Borkum, Norderney, Baltrum, Spiekeroog und Langeoog erleben.
Vogelkundliche Führungen der Nationalpark-Wacht oder die Teilnahme an einer Seehundfahrt geben einen hervorragenden Einblick in die Tierwelt des Watts. Um den Fischreichtum im Gebiet in Augenschein zu nehmen, empfiehlt sich eine der Nationalpark-Erlebnisfahrten mit einem kleinen Kutter und dazugehörigem Schleppnetzfang, wie sie von verschiedenen Sielorten entlang der Küste aus angeboten werden.
UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum Cuxhaven
Tel.: 04721 5905610
www.nationalparkhaus-wattenmeer.de/cuxhaven
UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrum Norderney
Tel.: 04932 2001
info@wattwelten.de
www.nationalparkhaus-wattenmeer.de/norderney
sowie 16 weitere Infoeinrichtungen
www.nationalparkhaus-wattenmeer.de
Bei schönem Wetter empfiehlt sich eine Tagestour von Nesmersiel zur Insel Baltrum. Mit einem zertifizierten Nationalpark-Wattführer laufen Sie bei Niedrigwasser etwa sieben Kilometer durch das Watt zu der kleinsten der sieben ostfriesischen Inseln, haben dort etwa vier Stunden Aufenthalt und fahren bei Hochwasser mit dem Schiff zurück ans Festland. Nicht nur bei „Schietwetter“ lohnt sich ein Besuch in einem der Nationalpark-Häuser, z. B. in Dornumersiel oder Greetsiel, oder in Norddeich. Dieses ist zugleich eine Seehundstation, in der die faszinierenden Meeressauger live erlebt werden können.
Während der jährlich vom zweiten bis zum dritten Oktoberwochenende stattfindenden Zugvogeltage im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer werden zahlreiche Veranstaltungen angeboten – von der klassischen Vogelexkursion zu Fuß, mit dem Bus oder Schiff bis hin zu kulturellen und kulinarischen Erlebnissen ist für jeden etwas dabei. Auch mehrtägige Komplettpakete sind buchbar. Nähere Informationen und aktuelles Programm unter www.zugvogeltage.de.
Montag:
Ankunft mit den Fahrrädern am Bahnhof Bremerhaven. Mit der Fähre nach Nordenham und radeln am Deich entlang nach Westen. In kleinen Dörfern wie Fedderwardersiel mit dem Nationalpark-Haus am Hafen oder in Langwarden gibt es nette Pensionen.
Dienstag:
Fahrt am Ostufer des Jadebusens nach Süden zum weltweit einzigartigen Ausendeich-Moor in Sehestedt. Ein Lehrpfad (Bohlenweg) führt durchs Moor zu einer Vogelbeobachtungshütte. Übernachtung in Dangast, dem Dorf der „Brücke-Künstler“ am Jadebusen.
Mittwoch:
Radtour um den Jadebusen Richtung Wilhelmshaven. Regenwetter? Ein guter Grund für den Besuch des UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer Besucherzentrums in Wilhelmshaven.
Donnerstag:
Tagesziel Harlesiel / Carolinensiel. Unterwegs Einblicke in die Nordseewelt in den Aquarien des Nationalpark-Hauses Wangerland im beschaulichen Minsen. Am Ziel angekommen, lohnt sich ein Bad in der Nordsee.
Freitag:
Die Fahrräder bleiben im „Stall“. Tagesausflug mit dem Schiff nach Wangerooge. Die Fahrt mit der Inselbahn, dem „Vogelzug“, mitten durch blühende Salzwiesen, vorbei an zahllosen Vogeln, ist ein einzigartiges Erlebnis. Beim Spazieren durch duftende Dünenlandschaften die Ruckfahrt nicht vergessen.
Samstag:
Die letzte Etappe der Radtour führt nach Jever, wo die Bahn wartet.
An der Küste und auf den Inseln gibt es zahlreiche barrierefreie Unterkünfte. An mehreren Orten, z. B. Tossens, Wilhelmshaven, Schillig, Carolinensiel und Norddeich, stehen Wattmobile bereit. Mit schlicktauglichen Ballonreifen ermöglicht das Wattmobil auch Rollifahrern oder Gehbehinderten das einzigartige Erlebnis einer Exkursion über den Meeresgrund. In Sande-Caciliengroden befindet sich ein barrierefreier Salzwiesenpfad. Erkundigen Sie sich in den Nationalpark-Informationseinrichtungen nach Angeboten für Menschen mit Seh- oder Gehörbeeinträchtigungen oder Menschen mit Lernschwierigkeiten.
Mit der Bahn:
Bahnhöfe (ggf. mit Bustransfer) zu den Inselfähren: Sande / Harlesiel (nach Wangerooge), Esens (nach Spiekeroog und Langeoog), Norddeich /Mole (nach Norderney, Juist), Nesmersiel über Norddeich (nach Baltrum), Emden Außenhafen (nach Borkum).
Weitere Zielbahnhöfe: Wilhelmshaven, Varel, Nordenham, Cuxhaven.
Mit dem Auto:
Über die Autobahn A 27 nach Bremerhaven / Cuxhaven; A 29 über Oldenburg nach Wilhelmshaven / Sande / Varel; A28 über Oldenburg nach Emden / Norddeich; A 31 über Rheine nach Emden / Norddeich. Tipp für nachhaltige Mobilität: Der „Urlauberbus“ – für 2 Euro pro Strecke auf der gesamten ostfriesischen Halbinsel. www.urlauberbus.info