Der Name verweist nicht etwa auf die Dicke der Gräser sondern bezieht sich vor allem auf den Untergrund. Fettwiesen wachsen auf nährstoffreichen und feuchten Böden. Diese „gehaltvollen Böden“ entstehen meist durch übermäßige Düngung und häufiges Mähen, wobei das Mahdgut meistens auf der Wiese liegen gelassen wird, was den Nährstoffeintrag noch zusätzlich erhöht. Das alles soll der Ertragssteigerung zur Futtermittelproduktion dienen, führt aber dazu, dass die Wiese an Arten verarmt und die biologische Vielfalt auf dem Rückzug ist, denn konkurrenzstarke Gräser setzen sich gegen schwache durch. Löwenzahn und Hahnenfuß sind zum Beispiel dominierende Pflanzen auf einer Fettwiese.

Magerwiesen oder -weiden entstehen auf eher trockenen und weniger gehaltvollen Böden. Der Nährstoffanteil im Boden ist hier geringer, so dass sich nicht nur die stärksten Gräser behaupten können. Infolgedessen entstehen artenreiche Wiesen, auf denen viele Tierarten und Insekten geeignete Lebensbedingungen finden. Vom reichen Nektarangebot dieser blütenreicher Magerwiesen werden viele Insekten angezogen. Zudem ist eine wildwachsende Wiese ein strukturreicher Lebensraum mit vielen Unterschlupf- und Brutmöglichkeiten. Viele Insekten, wie einige Schmetterlingsarten, legen ihre Eier an den Stängeln bestimmter Pflanzen ab.

Im Dickicht des Unterwuchs tummeln sich die Insekten in allen Höhen des Gräser- und Kräuterreichs. Während die Schwebfliegen und Schmetterlinge über die Blütenkelche fliegen, ziehen sich Ameisen, Springschwänze und Käferlarven in den bodennahen Bereich am Fuße der Pflanzen zurück. Zikaden, Blattläuse und Marienkäfer bewohnen die mittleren Etagen der Wiesenpflanzen. An einigen Stellen am Rande oder in der Umgebung der Streuobstwiese befinden sich sandige, offene Bereiche im Boden. Scheint auch die Sonne ab und zu darauf, nutzen bestimmte Wildbienenarten diese Stellen als Nistplatz. 75 Prozent aller Wildbienenarten nisten im Boden!

Wo viele Insekten sind, sind auch deren Jäger nicht weit. Kleinsäuger wie die Feldspitzmaus lauern den kleinen Kriechtieren am Boden auf. Der Schutz halboffener extensiv genutzter Lebensräume wie die der Streuobstwiesen ist daher für das Überleben der gefährdeten Feldspitzmaus wichtig.

Der Verzicht einer häufigen Mahd kommt Pflanzen wie Tieren auf der Streuobstwiese zu Gute. Im Frühling und Sommer beginnen viele Pflanzen zu blühen. Mäht man jetzt, dann haben die Gräser keine Möglichkeit mehr ihre Samen auszuwerfen und sich so auszubreiten. Daher ist eine späte Mahd wichtig. Vor Ende Juni sollte nicht zum Rasenmäher gegriffen werden. Durch die unterschiedlichen Blühzeitpunkte der Wiesenpflanzen sind die Insekten den ganzen Sommer über mit ausreichend Nektar versorgt.

Viele der typischen Pflanzenarten der Magerwiese stehen auf der Roten Liste und sind selten oder gefährdet. Auf unseren Projektflächen im Biosphärengebiet Schwäbische Alb wachsen einige dieser seltenen Pflanzenarten, darunter der Kleine Wiesenknopf (Sanguisorba minor), der Knollige Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus) und die Echte Schlüsselblume (Primula veris).

 

Fettwiese / Foto: © Katja Arzt / Nationale Naturlandschaften e. V.
Das Mähen mit der Sense ist die schonendste und naturverträglichste Arbeitsweise für die Mahd, verlangt aber auch viel Kraft. Scharf geschliffen sollte das Arbeitsgerät auch sein, damit es alle Halme erfasst. Foto: © Katja Arzt / Nationale Naturlandschaften e. V.

 

Titelbild: Magerwiese im Biosphärengebiet Schwäbische Alb / Foto: © Dietmar Nill